ROXA Technologies GmbH

Technik für Überflieger

10/05/2021
5 min
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Eine Schrauber-Entwicklung von Roxa Technologies sorgt dafür, dass das jetzt deutlich einfacher wird.

Halbrobotik als Nische

Horst Gusterhuber sorgt mit seinem Unternehmen – der Roxa Technologies GmbH – mit Sitz in Mautern (Steiermark) dafür, dass Passagierflugzeuge sicher abheben und ebenso sicher wieder landen. Das Ingenieurbüro ist spezialisiert auf Halbrobotik. „Wir bauen Manipulatoren – das ist ein Begriff aus dem Bereich Hebezeuge und Krantechnik, wo sich alles ums Lasten ‚Manipulieren‘ dreht. Als Vorstufe zum klassischen Roboter hat sich da eine interessante Nische entwickelt. Deshalb umschreiben wir unsere Lösungen als Halbroboter“, erläutert Horst Gusterhuber, der Geschäftsführer von Roxa.

Ein starkes Team

Mit dem bekannten Kärntner Maschinenbauer Kostwein und unserer Festo Pneumatik und Elektrik an Bord hat Roxa für die AUA eine Maschine entwickelt, mit der das Verschrauben von Flugzeugrädern am Ende eines Wartungszyklus rascher und ökonomischer durchgeführt werden kann. „Unser Schwerpunkt liegt beim Engineering, zudem vertreiben wir solche Maschinen. Da zumeist auch die Montage und Inbetriebnahme von uns gesteuert werden, gelten wir also jedenfalls als Hersteller im Sinne der Maschinenrichtlinie – das bedeutet eine große Verantwortung gegenüber der AUA und ihren Passagieren“, erklärt Gusterhuber. „Da sind die richtigen Partner gefragt. Darum setzen wir auf die Kompetenz und Schlagkraft von Kostwein Maschinenbau sowie die Technologie und Qualität der Komponenten von Festo. Das sind zwei Partnerschaften, die sich langfristig auszahlen.“

Horst Gusterhuber - Geschäftsführer von Roxa

Horst Gusterhuber - Geschäftsführer von Roxa Technologies GmbH

Flugzeugräder brauchen regelmäßige Wartung

Flugzeugräder bestehen bei allen Flugzeuggrößen aus Rädern mit zweiteiligen Felgen (Inboard- und Outboard-Half). Die Gummireifen müssen rund alle 300 bis 500 Cycles – das sind Starts und Landungen – erneuert werden. Dieser regelmäßige Wartungsprozess erforderte bisher von den Monteuren nicht nur hohes Knowhow sondern auch viel Geduld und Kraft.

Schraubprozess vereinfachen und dokumentieren

Das muss man doch vereinfachen können, hat man sich bei der Airline gesagt. Der Auftrag der AUA Werft in Schwechat – einer von vier Stützpunkten des Lufthansa Konzerns in Europa, wo diese Flugzeugräder gewartet werden – lautete daher, eine Maschine zu entwickeln, die den Schraubprozess vereinfacht und auch reproduzierbarer macht. Denn eine genaue Dokumentation jedes einzelnen Arbeitsschritts ist in der Luftfahrt unumgänglich. Automatisierung hilft dabei. Die Arbeit an den Reifen ist nämlich alles andere als trivial. Die Menschen, die im Flugzeug sitzen, müssen schließlich darauf vertrauen können, dass beim Start und der Landung keine Probleme mit den Reifen auftreten.

Felgenhälften in Bewegung

Aus zwei Felgenhälften und einem Reifen wird ein Rad. Dafür wird zunächst der Unterteil der Felge mit Hilfe eines weiteren, vom Werker geführten Hebezeugs in die Maschine gelegt. Dann wird die Felgenhälfte senkrecht nach vorne gekippt, also aufgestellt. Jetzt werden der Reifen zugeführt und beide Teile zusammen wieder umgelegt, um die obere Hälfte der Felge abzusenken. Am unteren Teil sind bereits die Schrauben mittels Montage-Felgenkranz gesetzt. Die Schrauben stehen mit den Bolzen nach oben und werden „eingefädelt“.

Roxa - Schrauberlösung

Eine gewichtige Sache

Die Montage ist kein „leichtes“ Unterfangen – im wahrsten Sinn des Wortes. Denn allein die Felgenhälften wiegen jeweils bis zu 120 Kilogramm. Da ist also jedenfalls eine ergonomische Unterstützung notwendig. Wurde zusammengesetzt, was zusammengehört, dann wird verschraubt und durchgängig  dokumentiert. Denn es gibt ein genau festgelegtes Verfahren, das exakt eingehalten werden muss.

Rad ist nicht gleich Rad

Es müssen nämlich über 25 verschiedene Flugzeugräder – von der kleinen Dash 8 bis zum Airbus 380 –perfekt verschraubt werden. Zudem gibt es bei vielen Modellen – wie dem Airbus 320 – auch noch unterschiedliche Konfigurationen. So kommen noch verschiedene Typen von Felgen mit unterschiedlichen Lochkreis-Durchmessern und unterschiedlichen Schraubenzahlen (8 bis 24) dazu.

Mensch und Maschine

Diesen Vorgang komplett zu automatisieren wäre extrem kompliziert. Mensch und Maschine als Team sind daher die beste Lösung. Horst Gusterhuber: „Man kann nicht 120 Kilo halten und dann gefühlvoll 24 Schraubbolzen, die gefedert auf der Unterhälfte stehen, in 24 Löcher einfädeln. Da helfen kreative Balancer-Lösungen. Und dann beginnt das ‚große‘ Schrauben.“

Zwei Schrauben gleichzeitig

Ein Balancer kommt auch zum Einsatz, wenn das von Roxa entwickelte Schraubwerkzeug punktgenau aufgesetzt wird. Dabei gilt es viel zu berücksichtigen. Denn man muss wissen, wie hoch die Anzahl der zu verschraubenden Positionen ist. Wie ist der Abstand der Schrauben zueinander auf dem Lochkreis? Was sind bei der jeweiligen Type die Vorgaben für das Drehmoment im Anzugsverfahren für die erste und die zweite Stufe? Zudem ermöglicht es die Schraublösung von Roxa – im Gegensatz zur rein händischen Montage – zwei Schrauben gleichzeitig anzuziehen. Dann wird vollautomatisch weiter getaktet, um die nächsten zwei Schrauben anzuziehen.

Doppelt hält besser

Hat die Anlage den ganzen Durchgang einmal erledigt, führt die Maschine am Rückweg als nächste Schraubstufe den Endanzug durch. Dabei werden alle erfassten Werte und Rückmeldungen laufend aufgezeichnet, um den gesamten Vorgang elektronisch zu dokumentieren, ohne dass der Mechaniker die ganze Zeit dabeistehen muss.   

Ein Rezept für jedes Rad

„Es gibt exakte Vorgaben von den Flugzeugrad-Herstellern, wie eine Schraube anzuziehen ist, damit sie auch tatsächlich hält, was sie rechnerisch halten muss. Das ist als ‚Rezeptur‘ in der Maschine hinterlegt. Man wählt den Typ aus und die Maschine stellt bereits im Vorfeld sicher, dass die Grundeinstellungen stimmen. Der Mechaniker positioniert die Maschine mittig, setzt sie einmal auf und nach dem Start arbeitet die Maschine das Programm der hinterlegten Rezeptur automatisch ab“, so Horst Gusterhuber.

Die Experten des Technic & Application Centers wissen wie’s geht

Bei der Entwicklung der Lösung wurde das Entwicklerteam tatkräftig von den Experten unseres Technic & Application Centers unterstützt. „Die Zuführung des Werkzeugs erfolgt über ein Linearführungssystem aus unserem Haus“, sagt Gusterhuber. „Dabei müssen wir aber sicherstellen, dass in den Endstellungen sauber gebremst und gehalten wird. Dafür setzen wir pneumatische DFM 40 Zylinder ein, die als Bremsen beziehungsweise als Rasten dienen. Die Bewegung selbst geschieht von Hand.“

Führungszylinder DFM - Festo

Proportionalventiltechnik vom Feinsten

Für die Ansteuerung des von Roxa entwickelten Balancerzylinders zur Unterstützung der Vertikalbewegung wurde unser schnellsteuerndes Proportionalventil VPPM integriert. „Es ist perfekt geeignet, um große Lasten sowohl frei zu positionieren als auch zu balancieren – vor allem wenn es um große Luftvolumina geht. Das Proportionalventil sorgt blitzschnell immer für den richtigen Druckluftausgleich, der zum zuverlässigen Balancieren erforderlich ist“, so der Roxa-Chef.

Der Balancerzylinder macht’s leicht

An der Kolbenstange, die in dem Fall hohl ist, ist ein Zylinder aufgehängt, um den als Führungseinheit ein Hubteleskop gebaut ist – ein Eigenprodukt von Roxa, das bereits in großen Stückzahlen industriell eingesetzt wird. In dieser Anwendung ist diese Lösung unerlässlich, da die Felgen nicht immer gleich tief sind und manchmal mehr bzw. weniger gehoben werden müssen. Zudem braucht man eine exakte Anpresskraft (nicht zu fest und nicht zu locker), damit die Schraube beim Verschrauben nicht „drüberrutschen“ kann.
„All diese Anforderungen, die beim Positionieren in der Z-Richtung aber auch beim Schrauben selbst zu beachten sind, werden vom VPPM Ventil bestens erfüllt“, freut sich Horst Gusterhuber.

Proportional-Druckregelventil VPPM - Festo

Maschinensicherheit inklusive

Sicherheit ist angesichts des großen Gewichts von Felgen bzw. Werkzeug und des direkten Zusammenwirkens von Mensch und Maschine bei dieser Anlage natürlich ein besonders wichtiges Thema. Darum wurde unter anderem als Absturzsicherung – für den Fall eines plötzlichen Druckluftausfalls – zusätzlich das entsperrbare Rückschlagventil HGL von uns verbaut. Das Ventil stellt die Schnittstelle zum Balancerzylinder dar.

Treffpunkt CPX

Alle Ventile und Sensoren, die auf der Anlage zur Freischaltung erforderlich sind, wurden auf einer CPX-MPA-Ventilinselkombination außerhalb des Schaltschranks zusammengefasst. Horst Gusterhuber:  „So haben wir die Installation vereinfacht und Platz gespart. Zudem konnten wir die Rückmeldungen von den Zylindern und den Sensoren der Hubachse ohne zusätzliche E/As verarbeiten. Sicherheitsrelevante Teilnehmer sind natürlich zweikanalig ausgeführt.“ Eingangsseitig wurde eine MSB6 Wartungseinheit mit Feinstfilter, Absperrorgan und Drucküberwachung vorgesetzt, die zusätzlich an die Steuerung meldet, um sicherzustellen, dass der Systemdruck vorhanden ist.

CPX-MPA-Ventilinselkombination - Festo

Rundherum – immer im Takt

Unten am Hubteleskop hängt die Schraubanlage. Ab dort wird’s voll elektrisch. „Hier muss getaktet und typenabhängig positioniert werden“, sagt Gusterhuber. „Die Anlage ist kompakt und leicht damit sie sich angenehm manövrieren lässt. Trotzdem muss sie formstabil bleiben, damit die Schraubpunkte optimal getroffen werden und alles dem hohen Drehmoment standhält. Dabei wird in weiterer Folge im Zentrum der Nabe gedreht.

Elektrischer Antrieb

Der Drehpunkt ist mittig über dem Schrauberaggregat. Dort sitzt ein Drehkranz mit unserem EMMS-ST-87 Schrittmotor mit Planetengetriebe und einer 5:1 Ritzel-zu-Zahnkranz Übersetzung. Mit dieser Anordnung takten wir – abhängig vom Felgentyp – automatisch um den Teilungswinkel weiter, den die jeweilige Lochzahl erfordert. Horst Gusterhuber: „Das muss perfekt klappen. Nur wenn dieser Aktor absolut zuverlässig arbeitet, kann der Prozess vollautomatisiert gefahren werden.“

Schrittmotor EMMS - Festo

Elektrik von Festo

Auch am unteren Ende des Werkzeugkopfes setzt Roxa auf unsere elektrische Antriebstechnik. Dort befinden sich auf einer gekoppelten Spindeleinheit zwei spielfreie Schlitten, die ebenfalls mit einem Schrittmotor EMMS angetrieben werden. So können hier Abstände von 200 bis zu 500 Millimetern synchron in beide Richtungen gefahren werden. „Damit bilden wir die Felgendimensionen aller derzeit gängigen Flugzeugmodelle aus dem Passagier- und Verkehrsmaschinenbereich ab“, erläutert Horst Gusterhuber.

CMMT-ST im Einsatz

Die Ansteuerung der elektrischen Antriebe zur Positionierung der Schrauber erfolgt mit unserem neuen Servoantriebsregler CMMT-ST, den Roxa dank bester Kontakte schon vor der eigentlichen Markteinführung ausgiebig testen konnte. Das Verschrauben selbst erfolgt über eine Elektro-Schraubspindel.

Servoantriebsregler CMMT-ST - Festo

Langjährige Kooperation

Begeistert ist Horst Gusterhuber von der Zusammenarbeit: „Wir setzen schon lange auf Festo. Denn wir schätzen die Unterstützung der Experten, wie Gerhard Kogler oder Gerhard Friedl, der immer den richtigen elektrischen Antrieb parat hat. Für viele unserer Kunden ist der Einsatz von Festo Komponenten auch ein echtes Qualitätsmerkmal und es passt im modularen Handhabungsbaukasten alles perfekt zusammen. Das hat sich gerade bei dieser Hybridlösung von Pneumatik und Elektrik wieder bestens bewährt. So kann man beispielweise externe Sensoren direkt an die CPX anbinden, ohne an der Maschine einen übergroßen Schaltschrank verbauen zu müssen. Das spart viel Platz.“

Großes Potential weltweit

Sparen wird in Zukunft auch die AUA, denn die neue Schraubanlage arbeitet nach dem Aufsetzten vollautomatisch. Der Mechaniker kann sich also einstweilen um etwas anderes kümmern. Das ist für viele Airlines interessant. Die Anlage ist also nicht nur ein Einstieg in den Lufthansa-Konzern. „Wir wissen aus Wirtschaftlichkeitsberechnungen, dass die Wartung bei den großen Gesellschaften in den USA, aber auch in China, nicht nur old-school, sondern ‚old-old-school‘ ist“, berichtet Gusterhuber. „Bei einem sehr bekannten amerikanischen Paketdienstleister mit über 300 Frachtflugzeugen werden die Räder sogar noch mit Knickschlüsseln von Hand angezogen. Ein Umstieg auf unsere Maschine bringt in so einem Fall einen ROI von unter einem Jahr.“

www.roxa.at

www.festo.at

Hier findest du mehr Informationen zum Thema elektrische Automatisierung

 

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